(04/2013)
Stellt sich nach dem Kauf eines Pferdes heraus, dass es zum Zeitpunkt der Übergabe mangelbehaftet war, so folgt in der Regel nach erfolglosen Auseinandersetzungen mit dem Verkäufer der Gang zum Rechtsanwalt. Aber wie geht es dann weiter?
Der Rechtsanwalt fordert den Verkäufer zunächst binnen einer angemessenen Frist auf, die kostenlose Nachbesserung vorzunehmen. Dies ist erforderlich, weil der Gesetzgeber dem Verkäufer ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt hat, aktiv dafür zu sorgen, dass der Vertrag eingehalten wird. Dies kann dadurch erfolgen, dass der Verkäufer dann die tierärztliche Heilbehandlung im Falle eines gesundheitlichen Mangels anbietet, oder aber auch den Tausch gegen ein anderes gleichwertiges Pferd. Sind diese Bemühungen gescheitert, wird der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Hier kann der Käufer sämtliche notwendigen Verwendungen auf das Pferd geltend machen. Dies sind die Unterstellkosten, Tierarzt- und Hufschmiedekosten. Nimmt der Verkäufer das Pferd dann immer noch nicht wieder und kann auch anderweitig eine Einigung nicht gefunden werden, so muss Klage eingereicht werden.
Im Falle der Rückabwicklung eines Pferde-Kaufvertrages ist der Käufer in der Wahl des Gerichtsortes etwas freier als sonst üblich. Nach § 29 ZPO kann er nämlich an dem Gericht Klage erheben, in dessen Bezirk sich das Pferd zum Zeitpunkt des Rücktritts vom Kaufvertrag vereinbarungsgemäß befunden hat. Gleichzeitig kann die Klage aber auch direkt am Wohnort des Verkäufers erhoben werden.
Vielen Pferdekäufern geht alles nicht schnell genug, weil sie sich natürlich nach wie vor jeden Tag um das Pferd und seine artgerechte Haltung kümmern müssen, was sehr belastend ist. Das Pferd blockiert zum einen den Geldbeutel, zum anderen kostet es viel Zeit und natürlich auch emotionalen Schmerz, denn man hat das Pferd erworben, weil man es gerne mochte und jetzt sieht der Käufer jeden Tag das Pferd, was eigentlich sein Traumpferd sein sollte, leider aber an einem erheblichen Mangel leidet. Bist die Klage zugestellt ist und eine Klageerwiderung des Verkäufers vorliegt, vergehen nicht selten bis zu drei Monaten, je nach Gericht. In der Regel findet dann das so genannte schriftliche Vorverfahren statt. Dies bedeutet, dass der Verkäufer zunächst auf die Klage des Käufers erwidern kann, auf diesen Schriftsatz kann dann der Käufer eine Stellungnahme abgeben usw. Wie oft das Gericht diese Stellungnahmen zulässt, ist nicht vorgeschrieben. Irgendwann – vollkommen abhängig vom Gericht und seiner Überlastung – findet dann ein Termin zur mündlichen Verhandlung statt. Dies dauert nicht selten ein bis zwei Jahre nach Klageerhebung. In diesem Termin findet zunächst eine so genannte Güteverhandlung statt. Dies bedeutet, dass das Gericht darauf hinwirkt, eine Einigung zwischen den Parteien zu erreichen. Scheitert diese Einigung, findet die so genannte Hauptverhandlung statt. Diese erfolgt direkt im Anschluss an die Güteverhandlung.
Einige Gerichte haben auch Mediationsabteilungen. Wenige Monate nach Klagerhebung fragt das Gericht – sofern es davon ausgeht, dass sich der Sachverhalt für eine Mediation eignet – bei den Parteien an, ob sie dieses Angebot wahrnehmen möchten. Eine Mediation bedeutet, dass sich die Parteien zusammen mit ihren Rechtsanwälten an einen Tisch setzen. Geleitet wird die Mediation durch einen Richter des zuständigen Gerichtes, der aber den Rechtsstreit selber nicht entscheidet, er ist also neutral. Der Richter, der in der Regel speziell geschult ist, versucht dann mit den Parteien eine Einigung zu erarbeiten, mit der beide leben können. Gerade in hippologischen Streitigkeiten ist dies äußerst sinnvoll, da so schnell – im Verhältnis zu einer streitigen Entscheidung – eine Einigung darüber erfolgen kann, wo das Pferd bleibt. Mediationstermine sollten aus meiner Sicht immer wahrgenommen werden, da man sich nichts vergibt. Wenn eine Einigung zustande kommt, hat sie den Vorteil, dass sie relativ schnell im Verhältnis zum Rechtsstreit erfolgt und der Verkäufer somit auch die Möglichkeit erhält, sich ein neues Pferd zu kaufen. Finden die Parteien im Rahmen einer Mediation keine Lösung, wird der Rechtsstreit fortgesetzt. Alles was in der Mediation besprochen wurde, ist geheim und darf im Rechtsstreit nicht eingebracht werden. Auch steht der Richter, welcher die Mediation geleitet hat, nicht als Zeuge für irgendwelche im Rahmen der Mediation getätigten Äußerungen zur Verfügung. So ist eine Mediation eine wirklich gute Möglichkeit, dass die Parteien noch einmal miteinander offen sprechen können und im Interesse des Pferdes eine Lösung finden können.
Wird eine Mediation nicht angeboten oder führt nicht zum erhofften Erfolg, geht das streitige Verfahren weiter. In der Regel kann ein hippologischer Rechtsstreit nur mithilfe eines Sachverständigen, bei gesundheitlichen Mängeln des Pferdes mithilfe eines tiermedizinischen Sachverständigen, sonst mithilfe eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Pferdezucht und -haltung entschieden werden. Auch die Dauer der Erstellung eines solchen Gutachtens ist vollkommen unterschiedlich und abhängig vom jeweiligen Sachverständigen. Wird eine tiermedizinische Hochschule befragt, so dauert die Erstellung des Gutachtens in der Regel mindestens ein halbes Jahr. Dies hat mit der nicht unerheblichen Auslastung der Hochschulen im Hinblick auf die Erstellung von Gutachten für Gerichte zu tun. Auch die Dauer der Erstellung des Gutachtens kann von den Parteien nicht maßgeblich beeinflusst werden. Wichtig ist, dass in der Regel der Käufer, bei dem sich das Pferd noch befindet, das Pferd zur Untersuchung beim Sachverständigen bringen und gegebenenfalls auch abholen muss. Beide Parteien werden von dem Untersuchungstermin informiert, so dass sie beide dem Termin beiwohnen können. Die Anwesenheit bei einem solchen Termin ist aber auch nicht zwingend, es ist den Parteien freigestellt. Im Falle des Obsiegens kann die Partei, welche das Pferd zum Termin gebracht hat, die Kosten im Rahmen der Kostenfestsetzung mit anmelden. Sofern der Prozess für die Partei verloren geht, werden keinerlei Kosten erstattet.
Wenn dann das Sachverständigengutachten vorliegt, erhalten die Parteien die Möglichkeit zu diesem Gutachten Stellung zu nehmen. Sie können beantragen, dass der Sachverständige im Hinblick auf vermeintlich übersehene Punkte sein Gutachten ergänzt, sie können aber auch beantragen, dass der Sachverständige zur Erläuterung seines Gutachtens zur mündlichen Verhandlung geladen wird. Bis ein solcher Termin stattfindet, dauert es in der Regel erneut (mindestens) drei Monate. Danach ist der Prozess üblicherweise entscheidungsreif, wenn nicht noch ein zweites Gutachten eingeholt werden muss. Dies ist manchmal der Fall, wenn erst eine tiermedizinische Frage geklärt werden muss und dann beispielsweise der Wert des Pferdes. Die ZPO sieht vor, dass wenn für einen Bereich Sachverständige öffentlich bestellt wurden, diese auch vom Gericht als Sachverständige ernannt werden. Aus diesem Grunde dürfen Tierärzte, die nicht als Sachverständige für Pferdezucht und -haltung öffentlich bestellt und vereidigt wurden, keine Gutachten zum Wert eines Pferdes erstellen, es sei denn, die Parteien sind hiermit ausdrücklich einverstanden.
Erst wenn diese verschiedenen Schritte erfolgt sind, liegt ein Urteil vor. Gegen dieses Urteil kann die Partei, die den Rechtsstreit verloren hat, binnen eines Monats Berufung einlegen. Das nächsthöhere Gericht, welches für die Berufung zuständig ist, kann dann darüber entscheiden, ob es die Berufung durch einen Beschluss zurückweist, weil die Rechtsstreitigkeit in erster Instanz zutreffend entschieden wurde oder ob Mängel am erstinstanzlichen Urteil erkennbar sind. Dann wird in der Regel ein Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt, in dem das Gericht darauf hinweist, was aus seiner Sicht in der ersten Instanz falsch entschieden wurde oder welche Verfahrensmängel beispielsweise vorliegen und wie das Gericht gedenkt, weiter zu verfahren. Auch in der zweiten Instanz kann häufig noch eine Mediation vorgenommen werden, dies wird von vielen Oberlandesgerichten inzwischen angeboten. Häufig sind die Parteien in der zweiten Instanz so mürbe, weil sie endlich eine Regelung haben möchten, dass ernsthafte Vergleichsgespräche erst in der zweiten Instanz stattfinden.
Der Ablauf des Verfahrens zeigt, dass es insbesondere für das Nervenkostüm und – sofern keine eintrittspflichtige Rechtschutzversicherung besteht – auch für den Geldbeutel sinnvoll ist, sich zu einem möglichst frühen Stadium zu einigen.
Iris Müller-Klein, Fachanwältin für Medizinrecht