(Quarter Horse Journal 09/2014)
Aktuelles aus der Rechtsprechung: Nach wie vor gibt es in der Rechtsprechung keine einheitliche Linie. Jeder Rechtsstreit ist ein Einzelfall, der meist unter Hinzuziehung eines tiermedizinischen Sachverständigen vom Gericht entschieden wird. Jüngst musste sich das Landgericht Verden mit der Frage der Mangelhaftigkeit eines Pferdes wegen eines vermeintlichen Herzfehlers, Magengeschwüren und einer Hufrollen-Problematik beschäftigen. Im Rahmen dieses Rechtsstreites musste das Landgericht auch entscheiden, ob die Verkäuferin, die einen Pensionsstall betreibt, unternehmerisch tätig ist oder nicht.
1) Ist ein Pensions-Stallbetreiber ein unternehmerisch tätiger Pferdeverkäufer?
Diese Frage musste das Landgericht beantworten. Unstreitig war, dass die Verkäuferin weder im Internet oder auf anderen Plattformen den Verkauf von Pferden anbot. Vielmehr konnte die Verkäuferin unbestritten vortragen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Pferd um ihr Privatpferd handelte und sie keine weiteren Pferde in der Vergangenheit verkauft hatte. Auch gab sie an, dass sie das Pferd niemals im Rahmen des Reitunterrichtes nutzte, den sie ebenfalls erteilte.
Das Landgericht urteilte, dass die beklagte Verkäuferin als Privatperson aufgetreten sei. Zwar handele sie auch als Unternehmerin im Rahmen des Pferdebetriebes, dies sei jedoch ein eingegrenzter Geschäftszweig und man müsse ihr zugestehen, dass sie neben diesem Unternehmen auch ein Privatleben führe, indem sie für sich privat ein Pferd halte. Von dem Betrieb eines Pensionsstalles könne der Käufer nicht zwangsläufig auf eine unternehmerische Tätigkeit des Verkäufers eines Pferdes schließen, denn für die unternehmerische Vermietung von Pferdeboxen benötige man nicht zwingend den Verkauf von Pferden. Dies stehe objektiv nicht im Zusammenhang. Auch die Internetpräsenz der Verkäuferin weise nicht auf einen dauerhaften und regelmäßigen Verkauf von Pferden hin, vielmehr sei dort nur angegeben, dass Dienstleistungen rund um das Pferd angeboten würden. Das Gericht zog den Vergleich mit einer Klavierlehrerin, die gegen Entgelt Klavierunterricht erteilt. Hier könne man auch nicht zwangsläufig durch den erteilten Unterricht darauf schließen, dass sie unternehmerisch mit Klavieren handele. Die bisher von Obergerichten und dem Bundesgerichtshof zur Frage, wann ein unternehmensbezogenes Geschäft entschiedenen Fälle seien auch nicht vergleichbar, da der Verkäufer hier immer eine GmbH gewesen sei, die schon durch ihre Rechtsform als Unternehmer im Geschäftsbetrieb wahrgenommen werde.
In dem zu entscheidenden Fall handelte die Verkäuferin aber als natürliche Person und nutzte noch einen Kaufvertrag, der für den Verkauf von Pferden zwischen Privatleuten bestimmt war. Auch dies wertete das Landgericht Verden als Indiz für die Verbrauchereigenschaft der Verkäuferin im Rahmen des Verkaufes des Pferdes. Ein Verbrauchsgüterkauf wurde somit abgelehnt, somit kam es auch nicht zur so genannten Beweislastumkehr, da sich einer der gerügten Mängel nach Auffassung des Gerichtes innerhalb von sechs Monaten ab dem Kauf gezeigt hatte. Im Ergebnis wurde die Klage der Käuferin abgewiesen.
2) Führt eine Vielzahl von eigenen Pferden zur unternehmerischen Tätigkeit?
Das Landgericht Kiel entschied in der vergangenen Woche einen Rechtsstreit, in dem es um die Frage ging, ob ein Pferdekäufer, der selber eine Vielzahl von Pferden besitzt, deshalb als Unternehmer behandelt werden muss. Der Verkäufer des Pferdes argumentierte, er sei davon ausgegangen, dass der Käufer selber unternehmerisch tätig sei, da er eine Vielzahl an Pferden besitzt, konkret waren es über zehn Pferde. Das Landgericht Kiel stellte hier alleine auf den Umstand ab, ob der Käufer des Pferdes dauerhaft und planmäßig Pferde gegen Entgelt am Markt anbietet. In den vergangenen Jahren hatte der Käufer des Pferdes nur ein einziges Pferd veräußert. Grund war, dass es zu klein geblieben war, um von seiner Ehefrau geritten zu werden. Das Landgericht entschied daher, dass auch das Halten von mehreren Pferden nicht automatisch dazu führt, dass ein Käufer als Unternehmer vom Verkäufer angesehen werden muss. Allein entscheidend ist, ob die Person dauerhaft und planmäßig Pferde gegen Entgelt am Markt anbietet oder aber – dies zeigt der Fall des Landgerichtes Verden – nach außen hin durch ihre berufliche Tätigkeit als Unternehmer auftritt. Denn man darf nie vergessen, dass auch ein Verkäufer, der sich nach außen hin größer macht als er ist und so am Markt als unternehmerisch tätiger Pferdeverkäufer auftritt, sich im Ergebnis so behandeln lassen muss. Bei der Bewertung der Frage, ob ein Verkäufer eines Pferdes als Privatperson oder als Unternehmer gehandelt hat kommt es nämlich auch immer auf den geschaffenen Rechtsschein an. Selbst wenn also nur ein einziges Pferd verkauft wurde, der Verkäufer aber vorgibt, eine Vielzahl von Pferden verkauft zu haben oder regelmäßig zum Verkauf vorzuhalten, wird er von der Rechtsprechung wegen des geschaffenen Rechtsscheines als Unternehmer behandelt.
Die verschiedenen Beispiele zeigen deutlich, dass immer auf den Einzelfall abzustellen ist.
3) Was sind notwendige Verwendungen?
Kommt es zur Rückabwicklung eines Kaufes, so muss der Verkäufer eines Pferdes das Pferd nicht nur zurücknehmen, er muss auch die gesamten in der Zwischenzeit entstandenen notwendigen Verwendungen auf das Pferd dem Käufer erstatten. Dies sind alle Verwendungen, die notwendig sind um das Pferd zu erhalten. Dabei handelt es sich um Kosten für notwendige tierärztliche Maßnahmen und den Hufschmied. Streit entsteht immer wieder, wenn der Käufer eines Pferdes das Tier weiterhin in einem Reitstall eingestellt hat, in dem neben dem reinen Futter auch weitere Leistungen wie z.B. Nutzung der Reitanlage, Ausmisten, Nutzung einer Führanlage, Verbringen des Pferdes auf die Weide etc. angeboten werden. Dies sind Komfortleistungen, die dem Wohl und Interesse des Pferdehalters dienen, weniger dem Pferd. Auch hier ist die Rechtsprechung leider nicht einheitlich.
Manche Gerichte stellen darauf ab, dass den Käufer eines Pferdes, wenn dieses sich als unreitbar erweist, eine Schadenminderungspflicht trifft. Dies hat zur Folge, dass die Gerichte teilweise verlangen, dass unreitbare Pferde zumindest in den Sommermonaten in kostengünstige Weidehaltung gegeben werden. Kosten für die Unterstellung in einem Reitstall werden dann nicht erstattet. Andere Gerichte, so beispielsweise das Oberlandesgericht Celle, sprachen einer unternehmerisch tätigen Pferdehalterin einen monatlichen Betrag von 250 € für die Haltung eines streitbefangenen Pferdes in ihrem eigenen Betrieb nur für die Unterstellkosten zu. Diese Rechtsprechung erstaunt, bedenkt man dass steuerlich ein Betrag von 150 € bei Landwirten angerechnet wird, die eigene Pferde im Betrieb halten. Das Oberlandesgericht Celle hat die Entscheidung leider nicht weiter kommentiert, so dass die Beweggründe für den Betrag von 250 € unklar blieben. In Süddeutschland, wo die Pferdehaltung ohnehin wesentlich kostenintensiver ist als im Norden, kann man eine deutliche Tendenz erkennen, sämtliche Kosten dem Verkäufer aufzuerlegen. Dazu gehören dann auch die Kosten für die teure Nutzung einer Reitanlage, so dass hier nicht selten Beträge von über 400 € im Monat zu Lasten des Verkäufers im Rahmen der Rückabwicklung angerechnet werden.
Insofern machte es immer Sinn als Verkäufer eines Pferdes anzubieten, das Pferd kostengünstig während des Rechtsstreites unterzustellen, damit die Kosten möglichst gering gehalten werden. Der Verkäufer kann dies anbieten, der Käufer muss sich aber nach ständiger Rechtsprechung darauf nicht einlassen. Wenn der Käufer also stur bleibt, hat der Verkäufer keine Möglichkeit im Rahmen eines Rechtsstreites die Kosten für das Pferd zu drosseln. Daher sollte sich der Verkäufer eines Pferdes immer überlegen, wohin er das Pferd verkauft. Geht das Pferd ins Ausland oder in den Süden Deutschlands, kann es besonders teuer werden. In der Schweiz ist die Pferdehaltung extrem kostenintensiv; hier haben Gerichte Beträge von bis zu 800 € im Monat für die artgerechte Unterbringung und Haltung des Pferdes bereits zuerkannt. Welche Beträge nach einem mehrjährigen Rechtsstreit auf den Verkäufer zukommen können, kann man so leicht errechnen! Umso wichtiger ist es, sich als Verkäufer möglichst gut durch einen interessengerechten Vertrag zu schützen!
Iris Müller-Klein, Fachanwältin für Medizinrecht