(Quarter Horse Journal 04/2014)
Mit den ersten Sonnenstrahlen beginnt auch bald wieder die Weidesaison. Pferde auf der Weide bieten aber immer ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko – sowohl für den Pferdehalter selber, für Verhalten seines Pferdes, aber auch Dritte, die im Umgang mit Pferden die erforderliche Sorgfalt zu achten haben.
I ordnungsgemäße Verwahrung von Pferden auf der Weide
Zunächst denkt man hier daran, dass der Zaun so beschaffen sein muss, dass die Pferde nicht ausbrechen können. Hier gibt es vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz herausgegebene „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten” vom 9. Juni 2009 (BMELV-Leitlinien) sowie „Empfehlungen zur Freilandhaltung von Pferden” des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Es wird als sorgfaltsgemäß angesehen, wenn Pfähle in einem Abstand von maximal 3-3,50 m gesetzt werden und die Umrandung der Pferdeweide für die Tiere ein gut sichtbares Hindernis darstellt. Die Weidezaunhöhe sollte mindestens die Wiederristhöhe des größten Tieres abzüglich 10 % betragen. Der Weidezaun selber ist regelmäßig durch den Pferdehalter zu kontrollieren, sowohl ob Beschädigungen vorliegen die sofort ausgebessert werden müssen, als auch das kein Gras etc. an die Stromlitze wächst, die den Stromfluss behindert. Zum Schutz der Pferde soll der Zaun so beschaffen sein, dass sich die Tiere daran nicht verletzen können.
Immer wieder müssen sich die Gerichte mit der Frage befassen, ob Stacheldrahtzäune für Pferdeweiden eine tierschutzgerechte Einzäunungsart darstellen. Noch im Jahr 2013 musste sich das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg mit dieser Frage auseinandersetzen nachdem eine Pferdehalterin ca. 20 Pferde auf einer mit Stacheldraht eingezäunten Pferdeweide hielt, vornehmlich befanden sich dort Stuten und Fohlen. Der Zaun bestand aus einem Knotengitterzaun und drei darüber gespannten Reihen Stacheldraht. Das Veterinäramt sah darin eine erhebliche Verletzungsgefahr für die Tiere und erteilte eine Auflage, dass die Pferde dort so lange nicht gehalten werden dürfen, bis in einem Abstand von mindestens 50 cm zum Stacheldrahtzaun eine Absperrung gut sichtbar für die Tiere errichtet wird. Für den Fall der Nichtbefolgung wurde ein Zwangsgeld angedroht. Die Tierhalterin ließ die Pferde weiterhin auf die mit Stacheldraht eingezäunte Weide, es kam zum Rechtsstreit.
Die Ordnungsverfügung wurde vom Gericht bestätigte, das Gericht führte aus, dass die Einzäunung für Pferde gut sichtbar, stabil und möglichst Ausbruchsicher sein muss. Freiliegende Spiralen bei Torgriffen und Torfedern sowie die Verwendung von Stacheldraht und anderen Metalldrähten wurde ausdrücklich als tierschutzrelevant eingestuft, also auch die Einzäunung mit glattem Draht. Dies ist eine Einzäunung, die man noch häufiger auf Pferdeweiden findet. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts ist hier ein entsprechender Abstandszaun aufzustellen, anderenfalls ist die Haltung von Pferden auf derartigen Weiden untersagt.
II Absicherung der Weide vor Dritten
Grundsätzlich muss der Pferdehalter aber auch bedenken, dass die Pferde nicht nur selber ausbrechen können, die Weide ist nach ständiger Rechtsprechung auch so zu sichern, dass die Tiere nicht ausbrechen und auf die Fahrbahn laufen können. Dabei hat die Rechtsprechung bereits mehrfach entschieden, dass die Verkehrssicherungspflicht für den Pferdehalter besonders hoch ist, wenn sich die Weide in der Nähe von Autobahnen, Schnellstraßen und viel befahrenen Straßen befindet.
So hatte sich beispielsweise der Bundesgerichtshof mit einem Fall zu befassen, bei dem auf ungeklärte Weise nachts zwei Pferde ausbrachen und auf die Autobahn liefen. Es kam zu einem Unfall bei dem der Fahrer des Pkws zu Tode kam, ebenso ein Pferd. Eines der Pferde war in einem Stall eingeschlossen, der Riegel war zum Zeitpunkt des Unfalles mit einem abgeschlossenen Vorhängeschloss gesichert. Der Schlüssel für dieses Schloss befand sich in einem Versteck am Pferdestall. Das zweite Pferd lief frei auf der Weide, das Weidetor war auch mit einem Schloss gesichert, ließ sich aber mit etwas Geschick trotzdem öffnen. Das Wohnhaus der Pferdehalter war etwa 50 m entfernt, die Weide von der Autobahn nur ca. 200 m.
Im Ergebnis wurden die Pferdehalter verurteilt, den Erben des verstorbenen Autofahrers Schadensersatz zu leisten. Das Gericht führte in seinen Urteilen aus, dass es für die Sicherung von Weidetoren wenn sich darauf Pferde befinden, erforderlich ist, ein Schloss zu nutzen, wenn die naheliegende Gefahr besteht, dass unbefugte Dritte das Tor öffnen und nicht wieder ordnungsgemäß verschließen, so dass Pferde entweichen können. Nach Auffassung des Gerichtes gilt dies besonders für Tiere, die sich in der Nachtzeit auf der Weide im freien Gelände befinden. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass besonders nachts Tiere empfindlich für Geräusche und Lichtsignale sind, wodurch es zu Panik-Situationen kommen kann. Auch wurde gefordert, dass ein Schloss am Pferdestall so gesichert sein muss, dass eben kein Schlüssel am Stall direkt verwahrt wird. Denn für einen potentieller Täter, der ein Pferd freilassen will, ist es naheliegend, direkt am Stall zu suchen.
Der Fall zeigt, welche hohen Anforderungen – die in der Praxis nur die wenigstens Pferdebetriebe und Pferdehalter erfüllen dürften – bei einer ganztägigen Pferdehaltung auf der Weide in den Sommermonaten von der Rechtsprechung gestellt werden. Nur wenige Pferdeweiden dürften derart gesichert sein, wie es die Rechtsprechung fordert.
III Schutz der Pferde vor Dritten
Aber auch Dritte, die sich im Umkreis der Pferdeweide befinden, trifft eine Sorgfaltspflicht im Umgang mit den Pferden. So kommt es gerade im Frühjahr und Herbst immer wieder zu Unfällen, weil unbefugt Gartenabfälle die für Pferde giftig sind auf oder an der Weide abgelegt werden. Die Rechtsprechung hat sich auch hier schon mehrfach damit befassen müssen, ob dem Tierhalter Schadensersatzansprüche zustehen, wenn es zu einer Vergiftung durch Gartenabfälle kommt. Zunächst hat die Rechtsprechung entschieden, dass ein Pferdehalter nicht täglich die Weide kontrollieren muss, um zu prüfen, ob eine dritte Person giftige Gartenabfälle auf der Weide abgelegt hat. Häufig wird nämlich damit argumentiert, dass den Pferdehalter ein erhebliches Mitverschulden trifft, wenn es zu einer Vergiftung des Pferdes kommt. Schließlich hätte er doch sehen müssen, dass dort Gartenabfälle abgelegt wurden. Ein Mitverschulden des Pferdehalters kann nur dann in Betracht kommen, wenn die Gartenabfälle gut sichtbar auf der Weide sind und er die Abfälle nicht selber prüft. Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Urteil dargelegt, dass sich der Schädiger nicht entlasten kann mit der Behauptung, er habe nicht gewusst, dass die Pflanzen für Pferde giftig sind. Das Gericht hat ausgeführt, dass sich jeder der in der Nähe von Tieren potentielle Futtermittel ablegt, vorher darüber informieren muss, ob eine Giftigkeit besteht oder nicht. Auch hier gilt “nicht wissen schützt vor Strafe nicht”. In der Praxis stellt sich nur oft das Problem, dass man nicht nachweisen kann, wer die Abfälle dorthin gelegt hat. Dies ist aber ein Problem der Beweisführung.
Iris Müller-Klein, Fachanwältin für Medizinrecht