(Quarter Horse Journal 08/2015)
Gesundheitliche Probleme stehen immer noch im Fokus von Gewährleistungsprozessen rund um den Pferdekauf. Da gerade länger bestehende Augenerkrankungen für den Laien unbemerkt bleiben, weil das Pferd sich damit arrangiert hat, muss ein Sachverständiger vor Gericht klären, ob die nach Übergabe festgestellte Erkrankung zum Zeitpunkt der Übergabe vorgelegen hat oder nicht.
Problem Kaufuntersuchung
In der Regel geht dem Kauf eine zumindest klinische Kaufuntersuchung voraus. Im Rahmen dieser Untersuchung hat der Tierarzt auch die Augen des Pferdes in Augenschein zu nehmen. Der tiermedizinischen Sorgfalt entsprechend muss in einem abgedunkelten Raum mittels eine Ophthalmoskops der innere Augenhintergrund in Augenschein genommen werden. In Streitfall, sollte sich bei dieser Untersuchung nämlich kein Befund gezeigt haben, später dann aber eine periodische Augenentzündung vorliegen, war der Käufer häufig nicht bei der Untersuchung selber anwesend. Dementsprechend kann er keine Aussagen darüber machen, wie die Untersuchung stattgefunden hat, ob in einem abgedunkelten Raum oder nicht, ob mit Ophthalmoskop, oder ohne. Es ist daher einem jeden Käufer zu empfehlen, bei der klinischen und/oder röntgenologischen Untersuchung immer anwesend zu sein und nach Möglichkeit auch einen Zeugen dabei zu haben, damit im Streitfall Beweis angeboten werden kann, wie die Untersuchung tatsächlich abgelaufen ist. Diese Empfehlung gilt für den Tierarzt natürlich genauso, der in der Regel ohne Zeugen die Untersuchung durchführt. Hier sollte genau dokumentiert werden, was genau wo erfolgt ist mit welchem Ergebnis.
Problem der rezidivierenden Schübe
Häufig stellt der Käufer unmittelbar nach Übergabe keine Besonderheit fest. Dann kommt es zu einer Augenentzündung, die nicht selten vom behandelnden Tierarzt als akute Erkrankung wahrgenommen wird und nicht als Rezidiv einer chronischen Entzündung im Sinne einer Uveitis (= periodischen Augenentzündung). Häufig stellt sich heraus, dass Pferde auf einem Auge schon vollständig erblindet sind, ohne dass es dem neuen Eigentümer aufgefallen wäre. Pferde arrangieren sich nämlich mit dem Verlust der Sehkraft sehr gut, sodass der Laie dies häufig gar nicht merkt, zudem man als Käufer ein Pferd nach dem Kauf gerade erst kennen lernt und daher nicht weiß, ob sich das Pferd früher einmal anders verhalten hat.
Erfolgt die Augenuntersuchung nicht in einem kurzen Zeitraum nach der Übergabe des Pferdes, kann der Tierarzt häufig nicht mehr feststellen, ob es sich um einen ersten Schub handelt, oder ob bereits chronische Veränderungen am inneren Auge infolge der periodischen Augenentzündung vorliegen. Im Fall eines Rechtsstreits muss der Käufer beweisen, dass die Erkrankung bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorgelegen hat. Daher ist schnelles Handeln und Untersuchung des Pferdes durch einen Fachtierarzt geboten. Hat der Kauf von einem unternehmerisch tätigen Verkäufer stattgefunden, stellt sich die Frage, ob die zeitliche Vermutungsregelung des § 476 BGB angewendet werden kann. Danach wird vermutet, dass ein Mangel des Pferdes, der innerhalb von 6 Monaten ab Übergabe auftritt, bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorgelegen hat. Der Verkäufer muss dann das Gegenteil beweisen. Die Frage wird nach wie vor von den Gerichten unterschiedlich beurteilt, es ist aber eine deutliche Tendenz dahingehend zu erkennen, dass aufgrund der kurzen Entstehensfrist die zeitliche Vermutungsregelung nicht angewendet wird, der Käufer also in der vollen Beweislast ist.
Wie ist vorzugehen?
Stellt sich nach Übergabe des Pferdes heraus, dass es an einer chronischen Erkrankung im Sinne einer Uveitis leidet, muss in der Regel schnell gehandelt werden. Nur durch eine umgehende Operation kann in der Regel das Augenlicht des Pferdes gerettet werden, zumindest größere Schäden vermieden werden. Trotz der gebotenen Eile hat die Rechtsprechung entschieden, dass vor der Beauftragung eines Tierarztes zur Durchführung des Eingriffes der Verkäufer unter Fristsetzung aufzufordern ist, den Eingriff selber vorzunehmen. Erst wenn die Frist abgelaufen ist, kann der Käufer selber den Auftrag erteilen und dann im Falle eines späteren Rechtsstreits die Kosten für die Operation verlangen. Anders dürfte dies nur zu beurteilen sein, wenn die Gefahr besteht, dass das Pferd innerhalb der nächsten Tage das Augenlicht verliert bzw. bleibenden Schaden nimmt. Grundsätzlich sollte die Aufforderung zur Nacherfüllung aber unbedingt vor Beauftragung des Eingriffes erfolgen, da der Käufer anderenfalls Gefahr läuft, einen etwaigen Rechtsstreit nur wegen Verletzung des Rechts des Verkäufers zur Nacherfüllung zu verlieren.
Die periodische Augenentzündung beschäftigt somit nach wie vor die Gerichte. Die Beweisführung ist äußerst kompliziert und kann nur von Fall zu Fall bewertet werden, wobei schnelles Handeln für den Käufer geboten ist!
Müller-Klein, Fachanwältin für Medizinrecht