Pferdesport Bremen u. Quarter Horse Journal 05/2018)
Frage: Ich habe im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung ein Pferd erworben, die Eigentumsurkunde lag nicht vor. Nun hat mir die vorherige Besitzerin mitgeteilt, dass sie nicht mehr im Besitz der Eigentumsurkunde ist. Sie hatte Schulden bei ihrer Rechtsanwältin. Diese behält nun die Eigentumsurkunde zurück, weil sie der Ansicht ist, Ansprüche gegen die vormalige Eigentümerin des Pferdes zu haben. Sie hat mir nun angeboten, die Eigentumsurkunde herauszugeben, wenn ich für den Verwaltungsaufwand 200 € bezahle. Muss ich dies machen? Oder gibt es auch einen anderen Weg, um an die Eigentumsurkunde zu kommen?
Antwort: Grundsätzlich ist es so, dass ein Zurückbehaltungsrecht an einer Zuchtbescheinigung nicht besteht und auch nicht wirksam begründet werden kann. Hintergrund ist, dass die Zuchtbescheinigung zum Pferd gehört. Der Equidenpass ist nicht umsonst ständig mit dem Pferd zu führen. Das Besitzrecht an der Zuchtbescheinigung steht zu Lebzeiten des Pferdes dem Eigentümer des Tieres zu – und keiner dritten Person. Dies ist auch schon vielfach von der Rechtsprechung entschieden worden. Dementsprechend kann die Rechtsanwältin kein Zurückbehaltungsrecht an der Urkunde geltend machen, sie hat auch keinen rechtlichen Anspruch darauf, für einen vermeintlichen Verwaltungsaufwand 200 € zu kassieren. Wenn sich die Zuchtbescheinigung nachweislich bei ihr befindet, muss sie diese herausgeben. Wenn dies freiwillig nicht erfolgt, muss die Rechtsanwältin persönlich verklagt werden.
Frage: Das Pferd, das ich in der Versteigerung erworben habe, ist tragend. Ich habe über den Zuchtverband herausgefunden, wer der Vater des zu erwartenden Fohlens ist. Den Hengsthalter habe ich kontaktiert und gefragt, wie es denn mit den Papieren für das Fohlen ist. Er erklärte, dass er den Deckschein nur herausgibt, wenn die Decktaxe bezahlt wird. Dies hat die vorherige Eigentümerin nämlich nicht getan. Muss ich jetzt die Decktaxe wirklich bezahlen, damit ich Papiere für das Fohlen erhalte?
Antwort: Auch diesen Fall hat die Rechtsprechung schon mehrfach entschieden. Der Hengsthalter muss den Deckschein herausgeben, auch wenn die Decktaxe nicht bezahlt wurde. Hier muss sich der Hengsthalter an seinen damaligen Auftraggeber, also die Vorbesitzerin der Stute wenden. Ein Zurückbehaltungsrecht am Deckschein kann auch hier nicht ausgeübt werden, denn die Zuchtbescheinigung dient der Identifikation des Pferdes und gehört – wie schon ausgeführt wurde – zum Pferd. Das Besitzrecht steht immer dem Eigentümer zu, keinem Dritten. Da legal eine Zuchtbescheinigung anders nicht für das Fohlen zu beschaffen ist, außer der Deckschein wird vorgelegt, muss der Hengsthalter den Deckschein herausgeben. Macht er dies nicht freiwillig, muss gegebenenfalls auch hier geklagt werden. Ein ähnlicher Fall ist sogar schon durch den Bundesgerichtshof entschieden worden, auch hier musste der Hengsthalter den Deckschein an den Eigentümer der Stute, der durch die Geburt auch automatisch Eigentümer des Fohlens wird, herausgeben.
Frage: Mein Pferd steht in einem Pensionsbetrieb, ich zahle monatlich Einstellkosten. Im Vertrag ist grob umrissen, welche Leistungen vom Betrieb erbracht werden. So ist unter anderem auch aufgeführt, dass die Nutzung der Reitanlage inbegriffen ist, vorhanden ist ein Außenreitplatz und auch eine Reithalle. Nun hat der Stallbetreiber neuen Boden eingebracht. Die Einsteller wurden informiert, dass sie sich anteilig zu beteiligen haben. Ich sehe dies nicht ein, schließlich zahle ich schon jeden Monat und die Nutzung von Reitplatz und Reithalle ist Vertragsgegenstand. Muss ich jetzt die Umlage zahlen?
Antwort: Grundsätzlich gibt es keine rechtliche Grundlage dafür, eine entsprechende Umlage für den Boden von Reitplatz und Reithalle zu zahlen. Sie haben es richtig erkannt, dass die Nutzung Vertragsbestandteil ist und somit von dem monatlichen Entgelt schon mit abgegolten wird. Im Umkehrschluss hätten Sie auch einen Minderungsanspruch, wenn der Reitplatz oder die Reithalle wegen des schlechten Bodens nicht nutzbar wäre. Hier müsste sich der Stallbetreiber auch entsprechend kümmern und neuen Boden einbringen, wenn der Boden so schlecht ist, dass er nicht mehr als vertragsgemäß zu qualifizieren ist. Demzufolge kann die Umlage nicht von Ihnen verlangt werden. Im Umkehrschluss kann der Stallbetreiber natürlich immer fristgemäß den Vertrag kündigen, ein Kündigungsschutz für den Pferdeeigentümer gibt es nicht. Insofern sind Sie also nicht verpflichtet, etwaige Zahlungen zu leisten, müssen aber damit rechnen, dass Ihnen gekündigt wird.
Frage: Ich habe im Oktober bei einem Händler ein Pferd gekauft. Eine Kaufuntersuchung habe ich nicht durchführen lassen. Bereits zwei Monate nach Übergabe ging das Pferd nicht klar, es war insbesondere in Wendungen lahm. Mein Tierarzt hat Schmerzmittel gegeben, geröntgt wurde das Pferd aber leider erst im Mai, also nach über sechs Monaten nach dem Kauf. Es hat sich leider herausgestellt, dass ein massiver Röntgenbefund vorliegt, der die Lahmheit bewirkt. Das Pferd ist dauerhaft unreitbar. Kann ich trotzdem Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer geltend machen?
Antwort: Sie haben Glück! Die neue Rechtsprechung ist hier für Sie. Bereits einige Gerichte haben entschieden, nachdem im Oktober 2016 eine grundlegende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Verbrauchsgüterkauf gefallen ist, dass der Käufer nur noch nachweisen muss, dass sich innerhalb von sechs Monaten Symptome eines Mangels zeigen, der Mangel selber muss also gar nicht mehr festgestellt werden. Zumindest wird dies von einigen Gerichten vertreten. Wenn Sie also nachweisen können, dass tatsächlich innerhalb von sechs Monaten eine Lahmheit vorlag, auch wenn Sie nicht wissen was konkret die Ursache war (denn der Röntgenbefund ist ja nicht zwingend die Ursache, wenn keine Untersuchung stattgefunden hat), können Sie erfolgreich gegen den Verkäufer vorgehen. Denn die Gerichte erlegen ihm die Beweislast dafür auf, dass die aufgetretene Lahmheit nicht auf dem später festgestellten Röntgenbefund beruhte. Diesen Beweis kann der Unternehmer in der Regel nicht führen. Sie haben also durchaus Erfolgschancen. Anders wäre dies zu beurteilen, wenn Sie von einer Privatperson das Pferd erworben hätten.
Iris Müller-Klein, Fachanwältin für Medizinrecht