(Oldenburger International)
Frage: Ich habe ein Pferd erworben, dies ist jetzt acht Monate her. Meiner Reitlehrerin ist aufgefallen, dass das Pferd immer in den Ecken Taktfehler machte und man sich darüber streiten konnte, ob es lahmt oder nicht. Hinzu kam dann noch, dass ein Huf vorne sehr heiß war. Der Tierarzt hat das Pferd untersucht, beim Röntgen ist ihm dann aufgefallen, dass eine Hufbeinsenkung mit Rotation vorliegt. Der Verkäufer hatte ebenfalls eine Kaufuntersuchung durchführen lassen. Im Protokoll ist kein Befund erwähnt. Wir haben die Bilder angefordert, diese sind nicht auswertbar, zumindest sieht mein Tierarzt dies so. Im Kaufvertrag ist festgehalten, dass das Ergebnis der damaligen tierärztlichen Untersuchung Grundlage der gesundheitlichen Beschaffenheit ist. Habe ich jetzt Ansprüche? Wenn ja gegen wen? Der Verkäufer ist Pferdehändler, darauf wollte ich noch hinweisen.
Antwort: Zunächst ist festzuhalten, dass Ihre Beweissituation schwierig ist. Eine Hufbeinrotation kann in sehr kurzer Zeit entstehen, hierzu gibt es entsprechend wissenschaftliche Studien. Da sich die röntgenologische Veränderung erst acht Monate nach dem Kauf gezeigt hat, streitet für Sie auch nicht die so genannte Beweislastumkehrregelung. Insofern ist es für Sie nicht von Vorteil, dass der Verkäufer Unternehmer ist. Ich habe Sie so verstanden, dass sich innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Kauf nichts weiter gezeigt hat, außer dass Ihre Reitlehrerin in den Wendungen Auffälligkeiten bemerkt hat. Da nicht feststeht, was Ursache dieser Gangunregelmäßigkeiten ist, kann man hier nicht behaupten, dass zwingend die Hufbeinrotation zu diesem Zeitpunkt schon vorgelegen hat. Die Röntgenbilder der damaligen Kaufuntersuchung sind weitgehend unbrauchbar, belegen also auch nicht, dass die Rotation damals zumindest schon im Keim angelegt war oder eben auch gar nicht angelegt war. Ansprüche gegen den Verkäufer sind damit schwierig durchzusetzen, da Sie den Nachweis führen müssen, dass das Pferd bereits zum Zeitpunkt der Übergabe von der vereinbarten gesundheitlichen Beschaffenheit negativ abgewichen ist.
Über den sogenannten Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter haben Sie aber die Möglichkeit, sollten keine Ansprüche gegen den Verkäufer bestehen, gegen den damaligen Tierarzt, der die Kaufuntersuchung gemacht hat, vorzugehen. Wenn die Röntgenaufnahmen der Vordergliedmaßen tatsächlich unauswertbar sind (dies würde ich unbedingt noch einmal überprüfen lassen) hat der Tierarzt die Vorgaben des damals geltenden Röntgenleitfadens nicht eingehalten. Eine Haftung kann sich daher alleine daraus ergeben. Wenn die Röntgenaufnahmen nicht auswertbar sind, hätte der Tierarzt neue anfertigen müssen. Wenn er dies nicht getan hat, kann sich daraus eine Haftung ergeben. Ich an Ihrer Stelle würde erst einmal die Röntgenaufnahmen durch zwei weitere unabhängige Tierärzte bewerten lassen. Wenn diese ebenfalls zu dem Ergebnis kommen, dass die Röntgenaufnahmen nicht auswertbar sind, sollten Sie sich an den Tierarzt direkt wenden. Möglicherweise kann hier direkt eine Einigung erzielt werden.
Frage: Vor drei Monaten wollte ich ein Pferd, welches ich zum damaligen Zeitpunkt mitgeritten habe, von der Weide holen. Das Pferd kannte ich gut, es stand mit einem anderen gemeinsam auf einem Auslauf. Ich hatte extra eine Longe mitgenommen, um diese am Halfter zu befestigen. Dies habe ich auch getan. Beim Öffnen des Tores schoss dann plötzlich von hinten ein Pferd in Richtung des Tores und überrannte mich. Ich bin dabei mehrfach getreten worden und habe schwere Blutergüsse erlitten. Das Pferd hatte ich überhaupt nicht gesehen, wie sich später herausgestellt hat, ist es durch den nicht stromführenden Zaun durchgebrochen und auf die Weide, auf der auch das Pferd stand, welches ich herunterholen wollte, eingedrungen. Ich bin seit dem Unfall arbeitsunfähig erkrankt und musste mich sogar operieren lassen, da sich einer der Blutergüsse eingekapsel hat. Ob ich ein Dauerschaden haben werde bzw. wann ich wieder arbeiten kann, ist im Moment überhaupt noch nicht absehbar. Der Zaun, mit dem die Pferde eingezäunt waren, bestand nur aus Plastikpfosten mit Litze. Dabei war die Litze nicht stromführend, wie mir die Stallgenossen später mitgeteilt haben. Gegen wen kann ich Schmerzensgeld-und Schadensersatzansprüche geltend machen?
Antwort: Die Haftung des Tierhalters ist verschuldensunabhängig. Dies bedeutet, dass der Halter eines Tieres alleine aufgrund der durch das Tier bestehenden Gefahr haftet, ohne dass er etwas falsch gemacht haben muss. Demzufolge können Sie zunächst Ansprüche gegenüber dem Halter des Pferdes geltend machen, dass Sie im Tor um gelaufen hat. Ein Mitverschulden Ihrerseits kann ich nicht erkennen, da Sie nicht damit rechnen mussten, dass ein Pferd durch den Zaun geht, um dann durch das Tor zu drängen, als Sie ein anderes Pferd von der Weide holen wollten.
Parallel ist darüber nachzudenken, ob auch eine Haftung des Stallbetreibers für den Schaden besteht. Dies wäre dann der Fall, wenn eine Sorgfaltspflichtverletzung vorliegt. So, wie Sie den Zaun schildern kann man hiervon wohl ausgehen. Ein Zaun nur aus Plastikpfählen mit Litze – ohne entsprechenden Strom – entspricht nicht der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Pferde merken schnell, ob ein Zaun stromführend ist, oder nicht. Wenn dies nicht der Fall ist wird gerade ein Litzen-Zaun nicht ernst genommen, es ist daher nicht ungewöhnlich, dass das Pferd einfach durch den Zaun gelaufen ist. Aus diesem Grunde können Sie auch erfolgreich Ansprüche gegen den Stallbetreiber geltend machen, Voraussetzung ist dabei natürlich immer, dass Sie den Sachverhalt so wie geschildert auch beweisen können. Sie haben Anspruch auf Ersatz von Schmerzensgeld, Verdienstausfall, Ersatz des sogenannten Haushaltsführungsschadens und natürlich Anspruch auf Ersatz der durch den Unfall entstandenen Kosten. Dazu gehören z.B. Fahrtkosten, Zuzahlungen für Medikamente etc.
Frage: Ich würde gerne ein Pferd im Rahmen einer Versteigerung erwerben. Dabei handelt es sich nach meinen Informationen um die Versteigerung von Pferden, für die die Einstellkosten nicht bezahlt worden sind. Auf telefonische Nachfrage wurde mir vom Auktionator mitgeteilt, dass die Zuchtbescheinigungen nur teilweise und auch nicht vollständig vorliegen. Ich möchte jetzt gerne wissen, ob es für mich risikobehaftet ist, ein Pferd aus so einer Versteigerung zu kaufen. Werde ich in jedem Fall Eigentümer, oder kann nach Jahren noch jemand kommen und das Pferd für sich beanspruchen? Wie komme ich an die Papiere? Was für Kosten kommen hier auf mich zu?
Antwort: Grundsätzlich ist es so, dass Pferde im Rahmen der Pfandverwertung durch öffentliche Versteigerung veräußert werden können. Es ist umstritten, ob im Pferdeeinstellvertrag ein gesetzliches Pfandrecht entsteht. In jedem Fall entsteht aber ein vertragliches, wenn dieses zwischen dem ursprünglichen Eigentümer der Pferde und dem Pensionsstallbetreibers vereinbart worden ist. Wenn die Versteigerung durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Auktionator stattfindet, erwirbt man mit Zuschlag kraft Hoheitsaktes Eigentum. Insofern kann der ehemalige Eigentümer keine Rechte mehr an dem Pferd geltend machen, durch den Zuschlag verliert er sein Eigentum.
Als neuer Eigentümer hat man gegen den Besitzer der Zuchtbescheinigung ein Herausgabeanspruch. Denn das Besitzrecht an der Zuchtbescheinigung steht zu Lebzeiten des Pferdes dem Eigentümer des Tieres zu. Weiß man, dass der vorherige Eigentümer auch im Besitz der Zuchtbescheinigung ist, hat man somit einen Herausgabeanspruch gegen ihn. Erfahrungsgemäß wird die Zuchtbescheinigung nicht freiwillig herausgegeben, sodass man Klage erheben muss. Erhält man dann ein Urteil, in dem der vorherige Eigentümer verpflichtet wird, die Zuchtbescheinigung herauszugeben, kann man diese vollstrecken. Gibt der vorherige Eigentümer die Zuchtbescheinigung trotzdem nicht an den Gerichtsvollzieher heraus, so ist der gescheiterte Zwangsvollstreckungsversuch Nachweis, um beim Zuchtverband eine Zweitschrift zu beantragen. In der Regel bereitet dies keine Probleme, sodass man dann auch die vollständige Zuchtbescheinigung für das Tier erhält. Der Gegenstandswert einer solchen Klage ist in der Regel identisch mit dem Preis, den man für das Tier in der Versteigerung gezahlt hat. Zwar muss der ehemalige Eigentümer, wenn er zur Herausgabe verurteilt wird, auch die Kosten des Prozesses tragen. Oft ist es aber so, dass hier kein Geld mehr vorhanden ist, sodass man die Kosten selber tragen muss.
Ires Müller-Klein, Fachanwältin für Medizinrecht