(Quarter Horse Journal 12/2017)
Frage: Ich habe im August ein Pferd gekauft. Es lag schon eine Kaufuntersuchung vor, dazu ein Kaufuntersuchungsprotokoll. Es wurde angegeben, dass die Röntgenklasse II vorliege. Ich habe das Pferd daraufhin erworben. Die Röntgenbilder wurden mir vor dem Kauf nicht ausgehändigt, ich habe lediglich Papierausdrucke nach Unterzeichnung des Kaufvertrages bekommen, dazu das Protokoll der Kaufuntersuchung. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich den Kaufvertrag also schon unterschrieben. Im Oktober war das Pferd dann lahm, ein Vorderhuf war sehr heiß. Ich habe daraufhin den Tierarzt gerufen. Dieser hat das Pferd geröntgt und festgestellt, dass es eine Hufbeinrotation aufweist sowie erhebliche Veränderungen am Hufbein hat. Durch Anästhesien konnte der Tierarzt die Lahmheit auf diese Befunde zurück führen. Auf den Bildern der Kaufuntersuchung, die schon ein halbes Jahr vor meinem Kauf gemacht wurden, sind die Befunde nach Ansicht meines Tierarztes in identischer Form vorhanden. Der die Kaufuntersuchung durchführende Tierarzt hat sie nur nicht erwähnt. Die Verkäuferin betreibt einen Ausbildungs- und Verkaufsstall, ich bin Privatperson. Im Kaufvertrag ist nur festgehalten, dass eine Kaufuntersuchung gemacht wurde und ich das Protokoll sowie die Röntgenbilder erhalten habe. Zur gesundheitlichen Beschaffenheit ist nichts vereinbart – was kann ich denn jetzt machen?
Antwort: Zunächst müssen Sie auch hier die Verkäuferin zur Nachbesserung unter Fristsetzung auffordern. Dies ist bei jedem Kauf eines Pferdes zwingend. Die Verkäuferin muss so die Möglichkeit erhalten, selber die Mängelüberprüfung vorzunehmen, zu diesem Zweck müssten Sie ihr das Pferd gegebenenfalls auch übergeben. Wenn innerhalb der Frist keine Nachbesserung erfolgt oder die Verkäuferin dies ablehnt, können Sie den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Voraussetzung ist, dass ein Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war. Wenn Röntgenbilder vorliegen, die sogar deutlich vor Ihrem Kauf gefertigt wurden und Befunde hier schon in identischer Form vorliegen, können Sie auch den Nachweis führen, dass ein Mangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorgelegen hat. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass auch ohne besondere Vereinbarung – wenn eine Kaufuntersuchung vorgenommen wurde und auf diese im Kaufvertrag Bezug genommen wird – das Ergebnis der Untersuchung als gesundheitliche Beschaffenheit vereinbart wird.
Auch ohne eine bestimmte gesundheitlich vereinbarte Beschaffenheit liegt hier ein Mangel vor. Denn der röntgenologische Befund bestand schon vor Übergabe und führt zur Lahmheit, was durch diagnostische Anästhesien nachgewiesen ist.
Darüber hinaus hat sich der Mangel innerhalb von sechs Monaten ab Übergabe gezeigt. Da die Verkäuferin unternehmerisch tätig ist, wird zu Ihren Gunsten sogar vermutet, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorgelegen hat. Da Ihnen die Röntgenbilder erst mit Unterzeichnung des Kaufvertrages bzw. danach ausgehändigt wurden, ist auch nicht von einer Kenntnis des Mangels Ihrerseits auszugehen, zudem Ihnen ein Protokoll überreicht wurde, aus dem sich keine erwähnungspflichtigen Befunde ergeben. Sollte die Verkäuferin das Pferd nicht zurücknehmen, müssen Sie Ihre Ansprüche gegebenenfalls gerichtlich geltend machen. Ansprüche gegen den Tierarzt direkt bestehen nicht, denn Sie haben den Tierarzt nicht beauftragt, ein direktes Vertragsverhältnis besteht hier nur mit der Verkäuferin. Diese wiederum kann – wenn das Gutachten falsch ist – ihrerseits Ansprüche gegen Tierarzt geltend machen. Danach kann sie alle Kosten verlangen, die ihr infolge des fehlerhaften Gutachtens entstanden sind. Sie erhält lediglich den Kaufpreis nicht, denn sie ist so zu stellen als hätte der Tierarzt richtig befundet. Hätte er den erheblichen Befund mitgeteilt, hätten Sie das Pferd nicht erworben. Dann hätte die Verkäuferin auch den Kaufpreis für das Pferd so nicht erhalten.
Frage: Ich habe ein Pferd erworben. Im Kaufvertrag ist festgehalten, dass die Verkäuferin den Equidenpass nachsendet. Ich habe sie nun mehrfach aufgefordert, mir den Pass endlich zukommen zu lassen, dies verweigert sie. Auf Nachfrage beim Zuchtverband wurde mir mitgeteilt, dass eine Zweitschrift nicht erstellt wird, weil der Pass ja vorhanden ist, er ist offensichtlich noch bei der Verkäuferin. Was kann ich jetzt tun?
Antwort: Sie können gegen die Verkäuferin Klage erheben auf Herausgabe des Equidenpasses. Wenn sie dann den Pass immer noch nicht herausgibt, können Sie die Zwangsvollstreckung gegen die Verkäuferin betreiben. Sollte der Gerichtsvollzieher dann ebenfalls keinen Pass erhalten, können Sie auf der Grundlage dieses gescheiterten Zwangsvollstreckungsversuches vom Zuchtverband eine Zweitschrift erhalten. Die Kosten für die Ausstellung der Zweitschrift können Sie dann der Verkäuferin gegenüber geltend machen – ebenso wie die Gerichts- und Rechtsanwaltskosten.
Frage: Ich habe gemeinsam mit meinem früheren Lebensgefährten eine Zuchtstute erworben. Aus dieser Zuchtstute haben wir Fohlen gezogen, diese liefen alle auf meinen Namen. Solange wir zusammen waren, habe ich die Kosten sowohl für die Stute als auch deren Nachzucht gemeinsam mit meinem Lebensgefährten getragen. Die Nachkommen der Stute haben wir alle verkauft, die Stute ist dann nach der Trennung bei mir geblieben. Ich habe die Kosten getragen und sie auch wieder decken lassen. Die Trennung ist nun zwei Jahre her, die Kosten sind seitdem alle von mir getragen worden, mein damaliger Lebensgefährte hat sich zum Verbleib der Stute und deren Nutzung überhaupt nicht geäußert. Jetzt habe ich plötzlich ein Schreiben von einem Rechtsanwalt bekommen, der mir mitteilte, dass mein ehemaliger Lebensgefährte die Gesellschaft auflösen möchte. Dies verstehe ich nicht, die Stute läuft doch auf meinen Namen, damit ist sie doch meine?! Wie soll ich reagieren?
Antwort: Zutreffend ist, dass Sie zusammen mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten eine Gesellschaft gegründet haben. Ich verstehe Ihre Schilderung so, dass Sie beide die Stute erworben haben, um daraus Nachkommen zu ziehen und diese dann zu veräußern. Insofern haben Sie also eine Gesellschaft gegründet, die auch einen Zweck verfolgt hat, nämlich die Vermarktung der Nachkommen dieser Stute. Auch nach der Trennung waren Sie gemeinsam Eigentümer der Stute, die Gesellschaft ist nicht aufgelöst worden. Auch wenn die Stute auf Ihren Namen lief ändert dies nichts an den Eigentumsverhältnissen. Die Auflösung der Gesellschaft erfolgt erst durch Kündigung seitens eines der Gesellschafter. Das Schreiben des Anwaltes ist wohl dahingehend auszulegen, dass die Kündigung jetzt erfolgt ist. Die Gesellschaft muss also abgewickelt werden. Da es offensichtlich keinen Gesellschaftsvertrag gibt, wie was geregelt ist, muss theoretisch die Auflösung einvernehmlich erfolgen, wenn dies nicht möglich ist durch eine so genannte Teilungsversteigerung des Pferdes mit dem Ziel der Auflösung der Gesellschaft. Da dies vollkommen unnötige Kosten verursacht und eine Zuchtstute erfahrungsgemäß keinen so hohen Wert hat, dass Kosten für die Einholung eines Gutachtens zum Wert etc. lohnend sind, sollten Sie sich hier gütlich einigen. Theoretisch muss Ihnen Ihr ehemaliger Lebensgefährte auch die hälftigen Unterhaltungskosten für die Stute seit der Trennung ersetzen, die Sie zum Zwecke der Haltung des Tieres seit der Trennung aufgewendet haben. Gleichzeitig ist die tragende Stute noch vorhanden, so dass über deren Verbleib eine Einigung getroffen werden muss. Falls Sie diese behalten möchten, müsste der Wert des Tieres geschätzt werden. Sofern Ihr ehemaliger Lebensgefährte damit einverstanden ist, müssten Sie den hälftigen Kaufpreis an ihn zahlen. Da er wiederum die hälftigen Unterhaltungskosten an Sie zahlen muss, kann man sich hier vermutlich durch Aufrechnung einig werden.
Grundsätzlich ist jedem, der mit einer anderen Person gemeinsam ein Pferd erwirbt zu raten, genau festzulegen wer was wann und wie mit dem Pferd machen darf, was passieren soll, wenn das und das eintrifft. Ebenfalls sollte unbedingt festgehalten werden, wie man sich einigt, wenn Streit zwischen den Gesellschaftern entsteht. Wenn die Einigung nämlich vor Gericht herbeigeführt werden muss, wird es generell teuer! Da die Geschäftsführung nur beiden Gesellschaftern gemeinsam obliegt, wenn es keine Regelung gibt, führt dies in der Praxis auch immer dazu, dass jeder der Gesellschafter handlungsunfähig wird, kommt es zur Auseinandersetzung untereinander. Daher sollte also zwingend festgelegt werden, was mit dem Pferd geschieht, wenn es zwischen den Parteien Ärger gibt und welcher der Gesellschafter dann über das weitere Procedere mit dem Pferd entscheidet. Anderenfalls kann es nämlich dazu führen, dass ein wertvolles Turnierpferd nicht mehr auf Turnieren gestartet werden darf oder Ähnliches. Dies liegt im Grunde nicht im Interesse der Parteien. Es wird in der Praxis aber häufig angewendet, um den anderen Gesellschafter zu ärgern. Praktisch blockiert man damit nur das Vorankommen des Pferdes und arbeitet aktiv an einer Wertminderung mit, nur um die andere Partei zu treffen. Dies ist absolut nicht zielführend, daher sollte unbedingt eine vertragliche Regelung erfolgen, solange man sich noch gut versteht. Dann kommt es erfahrungsgemäß auch selten zum Streit!
Iris Müller-Klein, Fachanwältin für Medizinrecht