(Cavallo 04/2015)
„Beide Methoden sind schnell und schmerzlos“
Nicht schön, aber war: Kaum ein Pferd stirbt eines natürlichen Todes. Über den Tod seines Vierbeiners sollte man sich deshalb rechtzeitig Gedanken machen. Auch für den Tierarzt ist diese Situation nicht immer leicht.
Keine Frage: Die Entscheidung zu treffen, wann das Ende des eigenen Pferdes gekommen ist, und wie es aussehen soll, ist für Pferdebesitzer oft schwierig. Dabei spielt auch der behandelnde Tierarzt eine wichtige Rolle – als Behandler und Berater, schließlich auch als derjenige, der das Pferd tötet.
Denn die meisten Pferdebesitzer entscheiden sich dafür, ihren Vierbeiner einschläfern zu lassen. Die Sache hat nur einen Haken: „Laut Tierschutzgesetz darf ein Tier nur eingeschläfert werden, wenn eine zwingende Notwendigkeit oder ein vernünftiger Grund vorliegen“, erklärt Dr. Andreas Franzky, stellvertretender Vorsitzender und Leiter des Arbeitskreises Pferde der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT). „Das bedeutet, dass es nicht ohne behebbare Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben könnte.“
Doch wer beurteilt das?
Klar, der Tierarzt hat die Fachkompetenz und auch die Pflicht, dem Besitzer die Diagnose und auch die Prognose mitzuteilen, ihn aufzuklären und zu beraten. „Doch die Verfügungsgewalt über das Pferd hat natürlich der Besitzer“, sagt Franzky, der auch am gerade erschienenen Merkblatt der TVT zum „Betäuben und Töten von Pferden“ mitgewirkt hat. Immer wieder hört man von Fällen, in denen Pferde sich viel zu lange quälen müssen, weil sich ihre Besitzer nicht dazu durchringen können, ihrem Leid ein Ende zu setzen. Vor allem bei chronischen Krankheiten, die sich zusehends verschlechtern, ist es schwierig, den richtigen Zeitpunkt für das Einschläfern des geliebten Tieres zu finden.
Denn wer kennt schon den richtigen Moment für den Tod?
„Im Zweifel am ehesten der behandelnde Tierarzt, der einen neutralen Blick auf das Pferd hat und in der Lage sein muss, das Leiden eines Tieres unemotional einzuschätzen“, sagt Franzky. Das Problem ist nur, dass sich manche Pferdebesitzer trotz einer klaren Ansage des Tierarztes dagegen sperren, ihr Tier töten zu lassen. In diesem Fall ist ein Tierarzt verpflichtet, weiter auf den Besitzer einzuwirken – oder meistens die Besitzerin. „Frauen haben meist eine emotionalere Bindung zu ihrem Pferd und können sich schlechter trennen“, sagt Dr. Maximilian Stechele von der Pferdeklinik Equopark in Wehringen. „Da bedarf es manchmal starker Überzeugungsarbeit.“ Die Krux an der Sache: Bei chronischen Beschwerden ist es im Zweifelsfall nicht beweisbar, wie stark die Leiden des Pferdes schon sind. „Ich würde es nie wagen, ein solches Pferd gegen den Willen seines Besitzers einzuschläfern“, sagt Stechele. Sollte dieser den Tierarzt dann nämlich anzeigen, wäre die Sachlage schwierig.
Uneinsichtige Besitzer und Tierärzte in der Zwickmühle
Trotzdem muss der Veterinär natürlich dafür sorgen, dass dem Pferd unnötige Leiden erspart bleiben. „Da fühlt man sich als Tierarzt schon manchmal in der Zwickmühle. Man lässt sich vielleicht dazu überreden, doch noch etwas länger Schmerzmittel zu geben, damit sich der Besitzer damit abfinden kann, dass es nun vorbei ist“, so Stechele. „Und denkt dann im Nachhinein, dass man das Tier schon früher hätte einschläfern müssen.“ Eine schwierige Situation.
Dr. Andreas Franzky rät in einem solchen Fall: „Ist der Besitzer nach einer ausführlichen Beratung weiter uneinsichtig, kann man ihm empfehlen, einen zweiten Tierarzt zu Rate ziehen, um sich bestätigen zu lassen, dass es besser ist, das Pferd zu erlösen.“
Und wenn das auch nicht hilft? „Dann muss der Tierarzt das Veterinäramt informieren, welches eine Anordnung treffen kann. Bei einem akuten Notfall kann das kurzfristig passieren. Wenn es sich hingegen um Altersbeschwerden handelt, kann eventuell erst noch ein weiteres Gutachten notwendig sein.“
Einfacher ist die Entscheidung, wenn ein Pferd an einer übertragbaren Seuche leidet – dann muss es sofort eingeschläfert werden. Oder wenn ein schwerer Unfall passiert, wie etwa ein Beinbruch auf der Koppel. „Wenn die Verletzung nicht mehr therapierbar ist, muss der Tierarzt das Pferd sofort einschläfern“, erklärt Franzky. „Wenn eine Behandlung möglich ist, muss das Pferd entsprechend notversorgt und gegebenenfalls mit Schmerzmitteln betäubt werden, bis der Besitzer seine Entscheidung trifft.“
Doch auch in scheinbar glasklaren Fällen wie einem Beinbruch muss sich der Tierarzt manchmal durchsetzen. „Ich hatte einmal ein Pferd mit Oberschenkel-Fraktur, dessen Besitzerin darauf beharrte, dass der Bruch nicht bewiesen sei und die deshalb nicht einschläfern wollte“, erinnert sich Dr. Stechele. „Ich hatte jedoch Röntgenbilder und war mir absolut sicher.“ Inzwischen hatte sich der ganze Stall versammelt und auch der Heilpraktiker ihres Vertrauens war zu Rate gezogen worden – zum Glück sprachen sich alle im Sinne des Tieres aus. „In diesem Fall habe ich tatsächlich ein Pferd gegen den Willen seiner Besitzerin eingeschläfert, da hätte ich zur Not auch jeden Prozess gewonnen“, ist sich Stechele sicher. Soweit kam es jedoch nicht. „Postmortal konnte ich das Bein dann um 90 Grad anheben und der Besitzerin damit zeigen, dass es die richtige Entscheidung war.“
Trotzdem: Diesen Mut hat vielleicht ein Maximilian Stechele, der seit 1976 als Tierarzt praktiziert. Ob ein jüngerer Kollege mit weniger Erfahrung und weniger Selbstbewusstsein diesen Schritt tun würde, bleibt natürlich dahingestellt. „Als Tierarzt ist man in der Regel sehr vorsichtig bei der finalen Diagnose“, so Stechele.
Gut zu wissen: Ist der Besitzer bei einem Notfall nicht erreichbar, muss gegebenenfalls der Halter die Verantwortung übernehmen. Das ist in den meisten Fällen der Betreiber des Pensionsstalles, in dem das Pferd eingestellt ist. Dieser muss dann entscheiden, was zu tun ist. „Es empfiehlt sich, dieses Thema mit dem Stallbetreiber rechtzeitig zu besprechen, vor allem, bevor man in den Urlaub fährt, wo man vielleicht über einen längeren Zeitraum nicht erreichbar ist“, empfiehlt Dr. Franzky.
Eine Nottötung darf, wenn sie von der Ordnungsbehörde zugelassen ist und eine entsprechende Schießgenehmigung vorliegt, übrigens auch durch einen Gewehr- oder Pistolenschuss vorgenommen werden. Dabei wird der Schuss auf den Kopf abgegeben und das Pferd muss damit sofort betäubt und getötet werden. Dazu sind mindestens das Kaliber 0,22 oder ein 9mm-Geschoss nötig.
Auch die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, etwa ein freilaufendes Pferd auf der Autobahn, kann einen solchen Kugelschuss rechtfertigen.
„Alter alleine ist kein Grund zum Einschläfern“
Es gibt aber auch andere Pferdebesitzer. Diejenigen, welche ein unliebsames, unrentables Pferd loswerden wollen, etwa weil es bösartig ist, oder weil es nicht mehr im Schulbetrieb eingesetzt werden kann, nichts mehr einbringt und nur noch kostet. Einschläfern als schnelle Lösung?
„Wenn ein fachkundiger Tierarzt zu dem Ergebnis kommt, dass ein bösartiges Pferd nicht mehr therapierbar ist und eine Gefahr für Leib und Leben darstellt, ist das durchaus ein vernünftiger Grund, es zu töten“, sagt Franzky. „Wenn aber ein ausgedientes Schulpferd jahrelang Geld in die Kassen gespült hat, ist ein Schulbetrieb in der Fürsorgepflicht und sollte ihm auch eine schöne Rente möglich machen.“
Das Argument vieler Reitschulen, das könnten sie sich nicht leisten, lässt der Tierarzt nicht gelten. „Es gibt immer eine Lösung, etwa das Pferd einem oder mehreren Reitschülern in Patenschaft zu überlassen, aus Vereinsbeiträgen eine Rentnerkoppel anzupachten oder sich an einen seriösen Gnadenhof zu wenden.“
Nicht zu vergessen sei, dass gerade Kinder und Jugendliche oft eine enge Bindung zu den Tieren eingehen. Da gehöre eine gute Betreuung nach der aktiven Zeit als Schulpferd auch zum Vorbildcharakter. „Alter alleine ist kein Grund zum Einschläfern“, sagt Franzky. „Und Unwirtschaftlichkeit erst recht nicht!“
Eine Grauzone ist wiederum der Fall eines Kolik-Pferdes, das operiert werden muss, dessen Besitzer jedoch kein Geld für die OP hat. „Dabei ist der wirtschaftliche Faktor natürlich nicht ganz auszuschließen“, sagt Stechele. „Da kommt es dann auf die weiteren Parameter an, die ein Tierarzt erkennen muss: Wie alt ist das Pferd, und wie hoch sind seine Chancen die Kolik ohne Operation zu überstehen?“ Doch auch er betont noch einmal: „Der wirtschaftliche Faktor alleine darf nie der Grund fürs Einschläfern sein!“
Denn ein Tier einzuschläfern, das nicht leidet, ist ein Straftatbestand: Nach § 17 Tierschutzgesetz darf niemand ein Wirbeltier ohne einen vernünftigen Grund töten.
„Ein Tierarzt, der dies trotzdem tut, kann bei der zuständigen Tierärztekammer angezeigt werden“, erklärt Rechtsanwältin Iris Müller-Klein aus Schwarme. Die Tierärztekammer überwacht die Einhaltung des tierärztlichen Standesrechts und übt die Rechtsaufsicht aus. „Erfahrungsgemäß wird dann ein standesrechtliches Verfahren eingeleitet“, schildert Müller-Klein das Vorgehen. „Der Anzeigeerstatter wird gehört, dann entscheidet die zuständige Stelle – meist der Justitiar – ob das Verfahren eröffnet wird.“
Das Verfahren selber verläuft dann wie ein Gerichtsverfahren. Zeugen werden gehört und der Tierarzt kann sich einen Verteidiger mitbringen. Die Tierärztekammer kann dann Warnungen, Verweise oder Rügen aussprechen, eine Geldbuße verhängen und in schweren Fällen sogar die Approbation entziehen. Deshalb kann ein standesrechtliches Verfahren sogar die berufliche Existenz eines Tierarztes bedrohen. „Wird ein Pferd eingeschläfert, das nicht leidet, dürfte ein Bußgeld drohen“, sagt Müller-Klein. „Die Approbation wird deswegen nicht gleich entzogen, aber wenn sich derlei Vorfälle häufen, dann gibt es ordentlich Ärger!“ Theoretisch ist auch § 17 TierschutzG erfüllt. Rechtmäßig ist die Tiertötung, wenn entweder einer der allgemeinen Rechtfertigungsgründe vorliegt oder wenn sich aus dem Gesamtbestand der gesetzlichen oder doch der gesellschaftlich anerkannten Normen ein vernünftiger Grund ergibt. Tatsächlich wird die Einschläferung ohne vernünftigen Grund selten angezeigt, da der Tierarzt erst im Auftrag des Tierhalters tätig wird. Wer sollte ihn daher anzeigen? Verfahren vor dem Strafrichter oder der Tierärztekammer sind daher selten. Häufiger sind die Fälle, in denen der Tierhalter selber Hand anlegt.
So ist ein Landwirt, der eine leidende, nicht mehr behandelbare Kuh mit einer Gewehrkugel tötet, weil diese billiger als die Tiertötung durch den Tierarzt ist, nicht gem. § 17 TierschutzG zu bestrafen, sondern wegen Verstoßes gegen die zugelassene Methode der Tiertötung mit Geldbuße zu belegen.
Schlachten: „Eine gute und richtige Methode“
Als vernünftiger Grund, ein Pferd zu töten, gilt vor dem Gesetz auch das Schlachten zur Lebensmittelgewinnung. Die meisten Pferdebesitzer lassen ihre Vierbeiner im Equidenpass jedoch als Nicht-Schlachttiere eintragen (siehe Kasten). „Das empfehlen wir Tierärzte in der Regel, weil dadurch die Medikation viel einfacher ist“, erläutert Dr. Stechele. Diese Entscheidung lässt sich allerdings nicht mehr rückgängig machen. Ein Pferd, das einmal als Nicht-Schlachttier eingetragen ist, darf also niemals getötet werden, ohne dass es krank oder verletzt ist. Ein Schlachttier aber jederzeit.
„Man sollte die Möglichkeit des Schlachtens nicht kategorisch ausschließen“, sagt Franzky. „Wenn es fachmännisch durchgeführt wird, ist das Schlachten eine gute und richtige Methode. Es gibt genügend Pferdemetzger in Deutschland, welche die Tiere gut behandeln und auch auf die Wünsche des Besitzers eingehen“, sagt der Tierarzt.
Die Qualitätskriterien für Pferdemetzger sind in der Tat ziemlich hoch. So erklärt Dr. Wolfgang Lutz vom Deutschen Fleischerverband: „Ein Pferdemetzger, der gewerblich schlachtet, muss zunächst Fleischermeister sein, und zusätzlich einen Sachkundenachweis speziell für das Schlachten von Pferden haben, den er nur durch eine Schulung und Prüfung erhält. Außerdem muss sein Betrieb vom Regierungspräsidium nach EU-Recht für das Schlachten von Pferden zugelassen werden. Dabei geht es zum einen um die Hygiene, zum anderen aber auch um Tierschutzaspekte, zum Beispiel die Beschaffenheit der Stallungen.“
In 47 Pferdefleischereien in der Bundesrepublik werden jedes Jahr insgesamt 4.000 Tonnen Pferdefleisch produziert. Bayern mit zehn und Nordrhein Westfalen mit elf Pferdemetzgereien führen die Statistik an. Für die Ernährung spiele Pferdefleisch jedoch kaum eine Rolle. „Das Ur-Rezept vom Rheinischen Sauerbraten war zum Beispiel mit Pferdefleisch“, so Lutz. „Doch heutzutage beträgt der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch an Pferdefleisch in Deutschland pro Jahr nur noch 24 Gramm, bei einem Gesamt-Fleischkonsum von 60,4 Kilo pro Person.“ Das Pferd würde von den meisten Menschen eben als Haustier und Sportkamerad gesehen, nicht mehr als Fleischlieferant.
Aus demselben Grund bieten fast nur spezielle Pferdemetzgereien auch Pferdefleisch an, obwohl das seit 1993 jede Metzgerei dürfte. „Die Metzger haben aber Angst, dass die Kunden sich dadurch abgeschreckt fühlen – das ist keine rechtliche sondern eine rein emotionale Frage“, weiß Lutz. Anders sei das etwa in Südfrankreich oder Polen, wo Pferdefleisch noch zur traditionellen Küche gehört.
Hemmschwelle hin, Ressentiments her: „Man sollte ein Pferd zum Schlachten auf keinen Fall weggeben, denn dann besteht die Gefahr, dass es auf einen Transport ins Ausland kommt“, warnt Dr. Andreas Franzky. „Nehmen Sie stattdessen persönlich Kontakt mit einem regionalen Metzger auf und bleiben Sie am besten bei Ihrem Pferd, bis es tot ist.“
Das ist nicht immer leicht, schon gar nicht auf einem Schlachthof. Man hört immer wieder, dass die Tiere dort den Tod regelrecht riechen könnten. Dr. Franzky glaubt das nicht. „Pferde leben von Erfahrungen, deshalb wissen sie auch in einem Schlachthof nicht, was auf sie zukommt. Es riecht zwar alles anders als im heimatlichen Stall, aber das tut es zum Beispiel in einer Pferdeklinik auch.“
Beim Schlachten wird dem Pferd mit einem Bolzenschussgerät ein 10 cm langer Stahlstift ins Gehirn geschossen, das dadurch innerhalb von Sekundenbruchteilen zerstört wird. Das Pferd ist sofort bewusstlos.
Wirklich tot ist es allerdings noch nicht. Dazu muss es erst noch ausgeblutet werden. Dafür wird mit einem Messer in die Brust gestochen und die Schlagader durchtrennt. Das Pferd verliert dann sehr schnell 10 bis 15 l Blut und das Herz hört auf zu schlagen. „Die Entblutung muss spätestens 20 Sekunden nach dem Bolzenschuss erfolgen, sonst kann das Pferd das Bewusstsein wiedererlangen“, warnt Franzky. Wird das Pferd korrekt ausgeblutet, kann sein Fleisch verwertet werden, sei es für den menschlichen Verzehr, als Hundefutter oder für die Raubtierfütterung.
Alternativ zur Entblutung kann auch ein Rückenmarkzerstörer verwendet werden, der durch das Schussloch in der Stirn des Pferdes in Richtung Schweif eingeführt wird. Durch mehrmaliges Vor- und Zurückbewegen des etwa ein Meter langen Stabes im Rückenmarkskanal wird dieses zerstört; ein Wiedererwachen wird verhindert.
„Das Schlachten ist für ein Pferd schmerzfrei und dauert nur Sekunden“, sagt Franzky. Für den Menschen ist es allerdings nicht schön anzusehen. „Der Schuss knallt laut, es sieht schlimm aus, wenn das Pferd plötzlich zusammenbricht, es können Krämpfe und Beinbewegungen auftreten und es fließt viel Blut“, sagt der Tierarzt. „Auch deshalb entscheiden sich die meisten Pferdebesitzer fürs Einschläfern.“
Einschläfern: „Schmerzfrei und reflexlos“
Fürs Einschläfern ist Pentobarbital das Mittel der Wahl. „Es sind mehrere Tierarzneimittel mit diesem Wirkstoff auf dem Markt, welche für die Euthanasie zugelassen sind“, sagt Franzky. Sie versetzen das Pferd zunächst in einen tiefen Schlaf, der dann rasch, schmerzfrei und reflexlos in den Tod durch Herz- und Atemstillstand übergeht. Bei nervösen oder aufgeregten Tieren ist eine vorherige Sedierung zu empfehlen. „Durch den schnelle Wirkungseintritt kann es allerdings zu einem spontanen Zusammenbrechen des Pferdes kommen, darauf sollte man vorbereitet sein“, mahnt Franzky.
Das andere mögliche Medikament, das Kombinationspräparat T 61, ist umstritten. Es führt in Abhängigkeit der Dosis zu einer Lähmung zunächst der Gliedmaßen, dann der Rumpf- und der Atemmuskulatur. „Es besteht daher die Gefahr, dass das Pferd erstickt, bevor das Embutramid eine Narkose bewirkt hat“, erklärt Franzky. „Zudem kann das Muskelrelaxans Mebezonium Abwehrbewegungen des Tieres verhindern, sodass Erstickungsanfälle nicht unbedingt erkennbar sind.“ Tiere, die bei Bewusstsein sind, können aufgrund dieser Erstickungsanfälle und aufgrund von Schmerzen mit Angst und qualvollen Lautäußerungen reagieren. Auch ein verzögerter Herzstillstand konnte beobachtet werden. Deshalb darf T 61 zur Euthanasie mittlerweile nur noch in Kombination mit einer vorherigen Narkose verwendet werden.
Ob einschläfern oder schlachten, muss letztlich jeder Pferdebesitzer selbst entscheiden. „Beide Methoden sind, wenn sie fachmännisch durchgeführt werden, für das Pferd schnell und schmerzlos“, ist sich Franzky sicher.
Nach dem Einschläfern muss der Kadaver schließlich mit einem speziell ausgerüsteten LKW von der Tierkörperbeseitigung abgeholt werden. Auch da braucht man nochmal ein dickes Fell. „Ich habe schon öfter mit den Mitarbeitern der Tierkörperbeseitigung gestritten, weil sie manchmal keinerlei Feingefühl haben“, ärgert sich Dr. Stechele. „Da muss der Pferdebesitzer, der wegen dem Abschied von seinem Pferd völlig fertig ist, mitunter bis zu zehn Minuten lang telefonieren und als erstes seine Kontodaten durchgeben, damit das Pferd überhaupt abgeholt wird. Das kann sehr belastend sein.“
Schließlich sollte man trotz aller Trauer auch noch daran denken: „Wenn es planbar ist, sollte man Ort und Zeitpunkt der Euthanasie gut vorbereiten, damit auch die Abholung des toten Pferdes so dezent wie möglich stattfinden kann“, empfiehlt Dr. Franzky. „Diese unschönen Bilder sollte sich der Pferdebesitzer jedoch ersparen.“
Anna Castronovo
Schlachttier oder Nicht-Schlachttier?
Im Pferdepass, der seit 2000 für alle Pferde in Deutschland Pflicht ist, wird unter anderem festgehalten, ob ein Pferd als Schlachttier (also als Fleisch lieferndes Tier) oder Nicht-Schlachttier geführt wird. Dabei geht es vor allem darum, dass das Fleisch von Schlachttieren nicht mit bestimmten Medikamenten belastet wird, die dann in die Nahrungskette gelangen.
Entsprechend muss im Pass eines Schlachttieres die Medikation genau dokumentiert werden.
Ein als Schlachttier ausgewiesenes Tier kann zu einem späteren Zeitpunkt zum Nicht-Schlachttier bestimmt werden. Ist ein Tier hingegen einmal als Nicht-Schlachttier eingestuft, so gilt dies unwiderruflich lebenslang und damit auch bei einem Halterwechsel.
AC
Iris Müller-Klein, Fachanwältin für Medizinrecht