(Pferdesport Bremen 10/2018)
Frage: Ich habe ein Pferd in Beritt gegeben, damit es ordentlich ausgebildet verkauft werden kann. Den Stall kannte ich schon länger. Eine schriftliche Vereinbarung wurde nicht getroffen, wir haben leider alles mündlich besprochen. Nachdem das Pferd nun über Wochen dort beritten wurde und es angeblich keine Kaufinteressenten gab, wollte ich es abholen. Hier wurde mir plötzlich eine große Rechnung aufgemacht, der Beritt wurde teurer abgerechnet als besprochen, es wurden Zusatzleistungen wie “Fertigung eines Videos” abgerechnet, die ebenfalls nicht besprochen waren, auch habe ich bis heute kein Video gesehen. Der Stallbesitzer verweigert die Herausgabe meines Pferdes, bis die Rechnung bezahlt ist. Was soll ich machen?
Antwort: Ich verstehe die Schilderung des Sachverhaltes so, dass Sie keinerlei Zeugen dafür haben, was tatsächlich vereinbart wurde, da es nichts Schriftliches gibt. Im Streitfall ist es so, dass derjenige, der eine Forderung behauptet, auch die Höhe beweisen muss. Wenn der Stallbetreiber (vermeintliche) Zeugen hat, dass die jetzt in der Rechnung erhobenen monatlichen Berittkosten samt weiterer Kosten mit Ihnen vereinbart waren, sieht es für Sie leider unglücklich aus. Sie müssten das Gegenteil beweisen, was Ihnen nur schwer gelingen kann. Sofern das Gericht zu dem Ergebnis gelangen sollte (sofern es zu einem Rechtsstreit kommt), dass keinerlei Absprachen getroffen wurden, wird der übliche Betrag für derartige Leistungen durch das Gericht ermittelt. Dies geschieht durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die Unterstell- und Berittkosten können (natürlich) örtlich unterschiedlich sein, daher wird immer ein Gutachten zu den ortsüblichen Kosten eingeholt. Der Gesetzgeber sieht nämlich vor, dass die übliche Vergütung geschuldet ist, wenn nichts weiter vereinbart wird und eine Leistung nur gegen Entgelt erwartet werden darf.
Ich würde Ihnen daher folgendes raten: Es ist wichtig, dass Sie das Pferd schnellstmöglich abholen, damit keine weiteren Kosten entstehen, denn das Pferd wird sicherlich nicht weiter ausgebildet und so ein Verkauf gefördert. Ich würde das verlangte Entgelt ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht unter dem Vorbehalt der Rückforderung zahlen und das Pferd dann abholen. Sobald Sie das Pferd haben, können Sie den überzahlten Betrag dann zurückfordern, gegebenenfalls auch auf dem Klageweg. So laufen Sie aber nicht Gefahr, dass Ihr Pferd unter dem Streit leidet. Sie können natürlich nur das zurück verlangen, was nicht vereinbart war. Wenn Sie keine Zeugen haben, müssen Sie genau überlegen, was Sie zurück fordern können.
Ihr Fall zeigt, dass es leider häufig zu Streitigkeiten kommt, wenn man vor Inanspruchnahme einer Leistung nicht die genauen Konditionen aushandelt und dies schriftlich festhält. Ich kann daher nur dringend dazu raten, alle Vereinbarungen schriftlich festzuhalten, dann kann es später nicht zu Unklarheiten und Streitigkeiten kommen. Vor Gericht gewinnt nämlich nicht immer derjenige, der Recht hat, sondern häufig derjenige, der seinen Anspruch beweisen kann.
Frage: Derzeit sind Gendefekte in aller Munde. Man liest in den Zeitungen ständig davon. Ich habe ein im Mai geborenes Fohlen veräußert, dieses soll jetzt vom Käufer abgenommen werden. Der Käufer besteht darauf, dass nicht nur eine klinische Kaufuntersuchung gemacht wird, sondern zusätzlich ein Gentest. Sollte das Fohlen Träger für einen Gendefekt sein, hat der Käufer bereits angekündigt, das Fohlen nicht abnehmen zu wollen. Muss ich mich darauf einlassen und den Kauf rückabwickeln, obwohl das Fohlen kerngesund scheint ?
Antwort: Nein, dies ist so grundsätzlich nicht richtig. Zunächst ist zu fragen, was zwischen Ihnen vereinbart wurde. Haben Sie nur einen Kaufvertrag über ein Fohlen gemacht, ohne zu vereinbaren, dass es nicht Träger eines Gendefektes wie z.B. PSSM oder Wffs sein darf, besteht grundsätzlich kein Anspruch eines Käufers darauf, dass keine Trägerschaft vorliegt. Ohne, dass eine Erkrankung ausgebrochen ist, sieht die Rechtsprechung in der reinen Trägerschaft keinen Mangel. Insofern ist die Auffassung des Käufers also nicht richtig, selbst wenn eine Trägerschaft für einen Gendefekt vorliegt, stellt dies rechtlich keinen Mangel dar. Anders kann dies zu beurteilen sein, wenn sich der Gendefekt bereits auswirkt.
Frage: Muss ich denn darauf hinweisen, wenn es mir bekannt ist, dass mein Pferd Träger für z.B. PSSM oder WffS ist?
Antwort: Ja, wenn ich positive Kenntnis davon habe, muss ich einen Käufer darüber informieren. Grundsätzlich muss der Verkäufer den Käufer über alle Umstände informieren, die für den Käufer Einfluss auf seine Kaufentscheidung haben. Dazu gehört natürlich auch der Umstand, ob ein Pferd Träger eines Gendefektes ist oder nicht. Auch wenn damit nicht zwingend verbunden ist, ob das Pferd jemals in seinem Leben erkranken wird oder nicht, so beeinflusst es die Kaufentscheidung durchaus, denn ein Käufer hat möglicherweise im Hinterkopf, dass er eines Tages mit dem Pferd züchten möchte, es ggf. weiter veräußern möchte etc. Dafür ist natürlich wichtig zu wissen, ob ein Gendefekt vorliegt oder nicht, schließlich führt dies zu Einschränkungen bei der Zuchtentscheidung und ggf. auch beim Weiterverkauf.
Frage: Ich betreibe einen Pensionsstahl. Im Rahmen meiner dort angebotenen Dienstleistungen habe ich ein Pferd von der Weide hereingeholt. Dieses Pferd hat nach mir geschlagen und mich leider getroffen. Zusätzlich ist dabei, da auch ich hingefallen bin, mein Handy zu Bruch gegangen. Ich befinde mich nun seit Wochen in ärztlicher Behandlung, da sich eine unschöne Komplikation ergeben hat. Da ich auch einen Muskelriss habe, werde ich lebenslang ein “Loch” an der Stelle haben, was wirklich sehr unschön aussieht. Der Schaden wurde der Tierhalterhaftpflichtversicherung von dem Eigentümer gemeldet. Die Versicherung verweigert nun die Zahlung und behauptet, ich hätte mich sorgfaltswidrig verhalten. Die Begründung ist abenteuerlich. Die Versicherung wirft mir vor, ich hätte den notwendigen Sicherheitsabstand nicht eingehalten, anderenfalls hätte mich das Pferd nicht treffen können. Dabei konnte ich nicht ausweichen, das Pferd hat sich erschreckt und dann seitlich getreten. Ein Ausweichen war unmöglich. Der Tritt galt mir eigentlich nicht, ich wurde versehentlich verletzt. Ich weiß auch nicht, wie ich hier mehr Abstand hätte einhalten können. Welche Ansprüche habe ich?
Antwort: Grundsätzlich ist es so, dass die Tierhalterhaftpflichtversicherung auch gegenüber den Personen eintrittspflichtig ist, die von Berufs wegen mit dem Pferd umgehen. Dies wurde früher anders gesehen, heute geht die herrschende Rechtsprechung davon aus, dass Hufschmiede, Tierärzte etc. grundsätzlich in den Schutzbereich der Tierhalterhaftung einbezogen sind. Dementsprechend muss jeder Fall einzeln untersucht werden. Die Versicherung ermittelt, ob dem Geschädigten eine Sorgfaltspflichtverletzung vorgeworfen werden kann. Dementsprechend ist es wichtig, dass man gleich die Schadenmeldung detailliert ausfüllt und darlegt, dass und warum es nicht möglich war, dem schadenursächlichen Tritt auszuweichen. Wenn es so ist, wie Sie schildern, nämlich dass sich das Pferd erschrocken und dann nach Ihnen getreten hat, konnten Sie den Tritt nicht vermeiden. In diesem Fall besteht grundsätzlich eine Haftung zu 100 %. Manchmal werden von den Versicherungen Quotelungen vorgenommen. Dem müssen Sie entschieden entgegentreten. Ein eigenes Verschulden des Geschädigten ist nämlich nur dann zu berücksichtigen, wenn es sich tatsächlich auch schadenursächlich ausgewirkt hat. Ist dies nicht der Fall, kann keine entsprechende Quote gebildet werden. Die Tierhalterhaftung ist grundsätzlich verschuldensunabhängig ausgestaltet, d.h. der Tierhalter haftet aufgrund eines reinen Gefährdungstatbestandes. Nur das Halten eines Pferdes führt somit zur vollen Haftung, es sei denn der Geschädigte hat selber eine Ursache dafür gesetzt, dass er geschädigt wurde. Nur in diesem Fall kann eine Quotelung vorgenommen werden. Die Quote drückt aus, zu wie viel Prozent wer haftet.
Sollte also tatsächlich kein Verschulden vorliegen, muss die Versicherung zu 100 % den Schaden übernehmen. Wichtig ist hier immer, dass man von der Versicherung einer Erklärung einfordert, wonach auch die Zukunftsschäden ersetzt werden, denn man weiß nie wie sich derartige Verletzungen entwickeln.
Iris Müller-Klein, Fachanwältin für Medizinrecht