(Oldenburger International 11/2018)
Geht es um den des Pferdes bzw. die Beine, stehen vor Gericht Lahmheiten nach einem Kauf im Vordergrund. Leider passiert es aber auch immer wieder, dass der Hufschmied beim Hufbeschlag von einem Pferd verletzt wird, oder der Tierarzt im Rahmen einer Untersuchung. Nicht selten führt dies bei den betroffenen Personengruppen sogar zu einer Berufsunfähigkeit, in jedem Fall aber zu einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit wenn nicht gar zu einem dauerhaften Schaden.
Verletzung des Hufschmiedes durch das Pferd
Kommt es beim Beschlagen des Pferdes zu einer Verletzung, wird durch den Pferdehalter die Haftpflichtversicherung informiert. Diese tritt ein, wenn durch eine typische Tiergefahr ein Schaden entsteht. Überwiegend erhält der erstaunt Hufschmied dann ein Schreiben der Versicherung, in dem die Haftung abgelehnt wird. Zur Begründung führen die Versicherungen gerne aus, dass ein „sog. Handeln auf eigene Gefahr“ vorliege, so dass hier die Tierhalterhaftung ausscheide. Der Tatbestand des Handelns auf eigene Gefahr ist erfüllt, wenn sich jemand bewusst in eine Situation drohender Eigengefährdung begibt, so z.B. der Reiter, der ein Pferd reiten möchte, obgleich ihm mitgeteilt wurde, dass das Pferd steigt, buckelt und bisher jeden Reiter abgeworfen hat. Der Ausschluss der Haftung aufgrund Handelns auf eigener Gefahr fußt bei den genannten Berufsgruppen auf einer früher vertretenen Rechtsmeinung. Hier ging die Rechtsprechung davon aus, dass derjenige, der sich bewusst in die Tiergefahr begibt, wie zum Beispiel Bereiter, Hufschmiede und Tierärzte, nicht in Schutzbereich der Tierhalterhaftung einbezogen sei.
Diese Rechtsprechung ist inzwischen aber nur noch historisch relevant. Der Bundesgerichtshof und auch mehrere Obergerichte haben sich in den vergangenen Jahren nämlich mit dieser Problematik beschäftigt.
Die Rechtsprechung geht heute davon aus, dass nicht der Interessenlage entspricht, dass der Hufschmied (oder Tierarzt), der sich notwendig mit der mit dem Beschlag verbundenen Tiergefahr aussetzt, um seinen Lebensunterhalt zu erwerben, auch die durch die Tiergefahr hervorgerufene Schadensfolge auf sich nimmt. Die Gerichte haben weiter ausgeführt, dass es zum Wesen des jeweiligen Vertrages gehört, dass der Hufschmied (oder eben Tierarzt, Bereiter etc.) sich einer erhöhten Tiergefahr aussetzt, nicht dagegen dass er den Tierhalter von seiner gesetzlichen Haftung für Schadensfolgen entbindet, die aus der jeweiligen Tiergefahr erwachsen können. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass es nicht dem Willen des beruflich mit dem Tier Umgehenden entspricht, diesen mit Abschluss des Vertrages von seiner gesetzlichen Haftung zu entbinden. Denn die Haftung des Tierhalters ist grundsätzlich verschuldensunabhängig, so dass der Halter üblicherweise für jeden Schaden einzutreten hat, der durch das Tier durch eine typische Tiergefahr verwirklicht wird.
Anders zu beurteilen sind nur die Fälle, in denen sich der beruflich mit dem Tier umgehende einer über das allgemeine Risiko hinausgehenden erhöhten Gefahr aussetzt. Dies ist z.B. der Fall, wenn sich ein Hufschmied eines Pferdes annimmt, dass bereits mehrere um Schmiede beim Beschlag verletzt hat. Nimmt jedoch der Tierarzt, Hufschmied, Bereiter etc. seine Arbeit an einem Pferd vor, das bisher völlig unauffällig war, greift nach der aktuellen Rechtsprechung die Tierhalterhaftung auch für Personen, die beruflich mit dem Pferd umgehen.
Der konkrete Fall
Aktuell beschäftigt sich das Landgericht Oldenburg mit einem konkreten Fall zur Haftung des Tierhalters für eine Verletzung des Hufschmiedes während des Beschlages. Der Hufschmied, der das Pferd schon mehrfach völlig unproblematisch an allen vier Hufen beschlagen hatte, brach sich mehrere Wirbel, als ich das Pferd beim Beschlagen erschrak, das Gleichgewicht verlor und dann auf den Hufschmied fiel.
Die hinter der Tierhalterin stehende Haftpflichtversicherung lehnt Ihre Eintrittspflicht mit der Begründung ab, es habe sich ein typisches Risiko verwirklicht. Ein Hufschmied müsse immer damit rechnen, dass das Pferd auf ihn falle. Der Hufschmied habe offensichtlich die übliche Sorgfalt verletzt, anderenfalls wäre er vorbereitet gewesen. Weiter bezog sich die Versicherung darauf, dass ein so genanntes Handeln auf eigene Gefahr vorliege. Aus diesem Grunde wurde die Haftung außergerichtlich vollumfänglich abgelehnt.
Der Hufschmied klagte nun vor dem Landgericht Oldenburg. In der ersten mündlichen Verhandlung erklärte das Gericht nach Befragung der Tierhalterin und des Hufschmiedes, dass es von einer Haftung von 100 % ausgehe. Ein Mitverschulden des Hufschmiedes sei nicht ersichtlich. Das Gericht erhebt nun Beweis über die Frage der Höhe des Schadens, denn der Hufschmied kann aufgrund ständiger Rückenschmerzen seinen Beruf nicht mehr ausüben.
Iris Müller-Klein, Fachanwältin für Medizinrecht